Einarbeitung von Neuen ins Team – was muss ich beachten?
Endlich ist Verstärkung da, das Team wächst – der oder die Neue ist da! Doch bis die erhoffte Entlastung wirklich eintritt, dauert es eine ganze Weile. Zunächst steht die Einarbeitung der oder des Neuen an. Und obwohl du es dir wünschst, wird die neue Person nicht automatisch über die Zeit wirklich gut eingearbeitet und ins Team integriert.
Was kannst du also – als Führungskraft oder auch als Teammitglied – beachten, wenn es darum geht Neue ins Team zu integrieren?
Eigentlich hatte ich diesen Artikel gar nicht geplant. Er passt auch nicht in meine Reihe über Werte von Führungskräfte. Doch im Monatsrückblick vom Januar habe ich schon geschrieben, dass wir gerade ein neues Aupair bei uns in die Familie einarbeiten dürfen.
Außerdem habe ich bei meiner Arbeit am Rande von verschiedenen Problemen mitbekommen, die vor allem durch die mangelhafte Integration Neuer verursacht wurden. Da ist mir aufgefallen, dass sich die Erfahrungen, die wir von mehreren Aupairs schon haben, sehr leicht auch aufs Arbeitsumfeld übertragen lassen.
Teamaufbau bevor die Kräfte am Ende sind
Noch vor der Einarbeitung gibt es einen wichtigen Punkt, den du beachten musst, wenn es um die Einarbeitung von Neuen ins Team geht. Die Integration ins Team, die Einarbeitung ins Aufgabenfeld etc., das kostet Zeit und Energie. Wenn du (oder der Anstellungsprozess deiner Firma…) also die Neueinstellung so lange rauszögern, bis alle auf dem Zahnfleisch gehen, hat keiner mehr Kapazitäten für eine gute Einarbeitung.
Oft erleben wir in Unternehmen eine andere Herangehensweise. Personen scheiden aus oder die Arbeit wird mehr, das restliche Team versucht es irgendwie zu stemmen. Wenn dann klar ist, das geht einfach nicht, wird die Stelle ausgeschrieben und oft dauert der ganze Prozess der Neueinstellung dann so lange, dass vielen die Kraft ausgeht.
Dann ist die neue Person endlich da und eigentlich hätte das Team sie doch gestern schon gebraucht. Am besten arbeitet sie direkt mit und liefert bitte auch direkt wertvolle Arbeit ab. Die Einarbeitung soll möglichst kurz und knackig sein, schließlich wird die Unterstützung ja schnell benötigt.
Doch das geht oft nach hinten los. Nimm dir die Zeit und die Energie, die eine gute Einarbeitung benötigt. Das zahlt sich vor allem auf lange Sicht hin aus!
Was gehört jetzt also zu einer guten Einarbeitung?
Explizit über implizit – der agile Grundsatz gilt besonders bei der Einarbeitung von Neuen
Aus den agilen Arbeitsmethoden ist dieser Grundsatz sicher einigen bekannt. Explizit über implizit. Das heißt normalerweise, dass es eben meist besser ist, explizit über Themen wie Arbeitsverteilung und anderes zu sprechen als implizit davon auszugehen, dass das alles ja klar ist.
Das gilt im allgemeinen Arbeitsalltag schon und eben noch viel mehr, wenn es um die Einarbeitung von Neuen geht. Du glaubst nicht, wie unterschiedlich Dinge verstanden, interpretiert, gelebt werden können.
Kam jemand von euch schon mal auf die Idee, Gläser oder Schüsseln mit der Öffnung nach oben in die Spülmaschine zu stellen? Also ich nicht. Dennoch ist es nicht ohne Grund etwas, was ich inzwischen explizit in die Erklärung unserer Spülmaschine aufnehme.
Ich habe aus den vielen Einarbeitungen (im Beruf und eben auch zuhause) gelernt: Geh einfach bei NICHTS davon aus, dass es “eh klar” ist. Dein Gegenüber ist neu, die (Unternehmens-)Kultur und Gepflogenheiten sind unbekannt und selbst wenn einiges oder sogar vieles passt, ist das im Normalfall eher zufällig und wir wollen doch die Einarbeitung nicht dem Zufall überlassen.
Investiere in die Beziehung
Auch hinter diesem Punkt steht ein agiler Grundsatz. Im agilen Manifest steht, dass Individuen und Interaktionen höher priorisiert werden sollen als Prozesse und Werkzeuge. Das stimmt auch hier. Es ist wichtig, dass du eine Beziehung mit deinem neuen Teammitglied aufbaust.
Dazu hilft es, dich auch persönlich zu zeigen und Interesse an deinem Gegenüber zu haben und zu zeigen. Es muss dazu nicht privat werden, du musst keine Geheimnisse teilen. Doch ist es immer hilfreich, dich als Person sichtbar und greifbar zu machen.
So baut ihr eine Beziehung auf und der ganze Einarbeitungsprozess wird einfacher. Dadurch fällt es euch beiden leichter mögliche Fehler anzusprechen und auch zu verzeihen. Ihr bemerkt leichter, wenn es irgendwo zu Schwierigkeiten kommt.
Es hilft dir als “altem Hasen” bei der zukünftigen Zusammenarbeit und es hilft dem neuen Teammitglied beim Ankommen im Team. Für solch eine Beziehung braucht es in den meisten Fällen auch eine gewisse Portion Toleranz.
Wie eigentlich immer im Leben hilft Toleranz
Toleranz hilft. Das klingt erst einmal recht platt. Natürlich bin ich tolerant. Doch wenn wir genauer hinschauen, merken wir, dass echte Toleranz meistens schwieriger gelebt als gesagt wird.
Echte Toleranz wird dann nötig, wenn jemand so ganz anders tickt als ich. Wenn jemand eine ganz andere Herangehensweise hat als ich oder vielleicht sogar als das ganz Team.
Ich glaube für ein gutes Team ist es natürlich hilfreich, wenn gewisse Dinge übereinstimmen – eine gemeinsame Vision zu entwickeln ist beispielsweise die zentrale Verantwortung einer Führungskraft. Doch für ein wirklich starkes Team braucht es dennoch Diversität.
Meist denken wir bei Diversität nur an Geschlechtervielfalt. Dass reine Frauen- oder Männerteams nicht das Gelbe vom Ei sind, haben die meisten schon mal gehört. Doch ich meine hier eine tiefer gehende Diversität.
Für ein wirkliches Hochleistungsteam braucht ihr unterschiedliche Kompetenzen, Hintergründe, aber auch Herangehensweisen und Überzeugungen.
Wenn du also bei der Einarbeitung eines neuen Teammitglied Dinge beobachtest, die du so ganz anders machen würdest: Herzlichen Glückwunsch! Du hast es offenbar geschafft, die Diversität deines Teams zu erhöhen!
Das mag – nicht nur in der Anfangszeit – sicher auch Toleranz auf beiden Seiten verlangen, doch es bietet euch als Team so viel Mehrwert. Daher gilt immer und eben ganz besonders in der Einarbeitung: Sei tolerant!
Bleibe neugierig – gerade bei der Einarbeitung von Neuen
Gerade wenn du dich sehr nach Entlastung gesehnt hast, ist die Gefahr da, dass du einfach nur willst, dass die Einarbeitung vorbei ist und die Arbeit auf mehr Schultern verteilt werden kann.
Doch hilft es beiden Seiten, wenn du dir deine Neugier behältst. Die Neugier auf dein Gegenüber, auf all die Seiten, die du noch nicht kennst und entdecken kannst. Freue dich über die Dinge, die du über dein Gegenüber lernst.
Wie oben schon erwähnt, hilft es eine große Vielfalt im Team zu vereinen. Sei gespannt, was diese Person mit in dein Team oder dein Unternehmen bringen kann, wie sie die Vielfalt erhöhen kann.
Was tun wenn die Kraft dafür nicht da ist
Ich hatte es ganz oben ja schon geschrieben. Oft werden Stellen erst besetzt, wenn es eigentlich schon zu spät ist. Dann sind die Menschen, die für die Einarbeitung zuständig sind, manchmal am Ende ihrer Kräfte. Was können wir dann tun?
Da ich zur Zeit doch oft müde bin und die letzten Wochen ihre Spuren hinterlassen haben, merke ich beispielsweise ganz deutlich, dass ich unserem Aupair nicht den Start bieten kann, der wirklich gut wäre.
Doch bevor mich mein schlechtes Gewissen noch müder macht, schaue ich auf das, was ich kann. Ich versuche in möglichst vielen Situationen wenigstens im Kleinen nach diesen Grundsätzen zu handeln und ansonsten wenigstens sagen, dass es vor allem mit mir zu tun hat (ihr merkt – wieder explizit über implizit).
Und die Neugier kommt mit zum Glück nie ganz abhanden.
Welche Erfahrungen hast du bei der Einarbeitung von neuen Teammitgliedern gemacht? Was sind für dich die wichtigen Punkte?